Schon im letzten Jahr haben wir dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen. Leider sind nicht durchgehend gute Fotos vorhanden, das Projekt wollen wir euch dennoch nicht vorenthalten. Der Mercedes 190 SL sollte damals lediglich zu einer leichten Aufbereitung zu uns kommen, dass daraus ein mehrwöchiger Aufenthalt und unser bisher umfangreichster und spannendster Auftrag werden sollte, war uns bis dato noch nicht klar.

Eines schönen Samstags kam der Besitzer mit dem Fahrzeug auf unseren Hof gefahren und wollte den Innenraum gereinigt sowie das Fahrzeug gewaschen haben. Auf den ersten Blick sah alles einfach nach einem etwas „eingemotteten“ Fahrzeug aus welches etwas Zuwendung brauchte. Wie eingemottet der Wagen wirklich war, stellte sich dann kurz darauf heraus.

Für jeden Autoliebhaber eine Horrorstory

Uns vielen erst ein paar Krabbelviecher auf, dann Hinterlassenschaften der Tiere und letztlich immer mehr Motten und Larven welche sich im gesamten Fahrzeug breit gemacht hatten. Es stellte sich heraus, dass das gesamte Fahrzeug von Motten und deren Larven durchzogen war. Besonders die alte Naturdämmung lieferte den Tieren ein wahres Festmahl und wurde von den Larven komplett zerfressen. Überall haben wir Motten gefunden, hinter dem Armaturenbrett, in den Lautsprechern, natürlich unter dem Teppich und den Bodenblechen, den Türverkleidungen und auch zwischen den Streben des Cabrioverdecks.

Nach Rücksprache und Besichtigung durch den Besitzer wurden wir beauftragt den Innenraum wieder in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen. Leider, wie so oft, konnte hier schwer ein Anfang oder Ende gefunden werden mit welchem ein ordentlicher Abschluss gefunden wäre. Besonders da die Motten wirklich überall waren, blieb letztlich nur die komplette Entkleidung des Innenraums.

Kein Anfang und kein Ende

Da wir in diesem Zuge einige Roststellen im Bodenbereich sowie Undichtigkeiten in der Front festgestellt haben, sollten diese direkt mit beseitigt werden. Was den Umfang dieses Vorhabens wachsen ließ und es zu einem einmaligen Projekt für uns machte. Es wurde, bis auf einige Leitungen, alles abgeklemmt, alle Kabelzüge und sonstige Anbauteile demontiert – der Innenraum nackt gemacht. Die übrigen Leitungen blieben auf Grund des Fahrzeugzustands an Ort und Stelle um keinen Dominoeffekt auszulösen, vermutlich hätten wir dann mit dem Motorraum weiter machen können…

Nachdem alle beweglichen Teile demontiert waren, musste das Armaturenbrett mit allen Zügen und Schaltern weichen. Eine Herausforderung für sich welche nerven und schweiß kostete, letztlich aber ohne Zwischenfälle glückte. Nachdem das Leder im Fondbereich pfleglich entfernt wurden konnten wir uns den etlichen Lackschichten im Innenraum zuwenden. Noch zu dieser Zeit sprangen uns, trotz sehr umfangreicher Ungezieferbeseitigung, weiterhin etliche Motten und Larven entgegen, sehr hartnäckige Biester. Dies war auch unsere Befürchtung, die Tiere hatten bereits so viel zerstört, dass die Beseitigung der Schäden ohnehin sehr umfangreich gewesen wäre. Dann Gefahr zu laufen dass einige überlebende Biester die neue Arbeit wieder zerstören, war es im Zusammenhang mit den sonstigen Mängeln nicht Wert das Risiko einzugehen – daher der komplette Rundumschlag der Innenraumrestauration.

Somit ließ sich schließlich der folgende Arbeitsumfang festhalten:

  • grobe Vorreinigung inkl. Ungezieferbeseitigung
  • Demontage des Cabrioverdecks
  • Demontage aller Anbauteile im Innenraum
  • entfernen der alten Dämmung und Bitumenmatten
  • schonendes entfernen des Lederbezugs und Teppich im Fondbereich
  • Abklemmen der Elektroleitungen und Demontage der Verbraucher
  • Lenksäule und Armaturenbrett ausbauen
  • Sandstrahlen des Innenraums
  • Ausbessern der Roststellen
  • Lackieren des Innenraums und Anbauteile

  • neue Dämmung anpassen und einsetzen
  • Bitumenmatten einsetzen
  • Elektrik verdrahten und Mängel beseitigen
  • Einbau der Anbauteile wie Lüftungskanäle
  • Einsetzen und Anschließen des Armaturenbretts
  • Montage der Lenksäule und Schaltung
  • Bodendämmung anfertigen und einsetzen
  • Beziehen des Fondbereichs mit Teppich und Leder
  • Einbau der Sitze
  • Grundreinigung & Lederpflege

Der Lack muss ab!

Um das Blech freizulegen wurde ein Sandstrahlgerät mit entsprechendem Kompressor organisiert und das Fahrzeug bei uns vor Ort behandelt. So mussten sich 4-6 Lackschichten aus vergangenen Zeiten unter dem Beschuss von Korund beugen und das blanke Blech wurde wieder zum Vorschein gebracht. Die Schwierigkeit bestand darin, dass Material nicht unnötig zu strapazieren und dennoch eine saubere Oberfläche zu erhalten, was schließlich ohne Verzug und Materialeinbußen sehr gut gelang. Viele Stunden und Kilo Strahlgut später konnte sich der Innenraum wieder sehen lassen. Die durchgerosteten Stellen wurden durch Reparaturbleche verstärkt um nicht die gesamte Bodengruppe austauschen zu müssen. Zudem wurde scheinbar an der Front/Fahrerseite vor vielen Jahren schon ein Unfall beseitigt dessen Überreste noch immer gut zu sehen waren. Wirklich faszinierend dann in so einem Auto zu sitzen und darüber zu philosophieren wann das, wie einmal geschehen sein könnte.

Schließlich war das Blech dann bereit für die neue Lackierung. Nach der ordentlichen Grundierung wurde der Innenraum mit Matt-Schwarz und einer Schicht Klarlack lackiert. Der Klarlack sorgt hier lediglich für die Lösemittelbeständigkeit. Natürlich wurden auch Teile wie die Lüftungskanäle, Lenksäule und Mitteltunnel sowie einige Kleinteile neu lackiert. Ab diesem Punkt sah das ganze schon wieder richtig gut aus.

Der Innenraum nimmt wieder formen an

Los ging es mit dem Wiedereinrichten des Innenraums. Die neue Dämmung wurde angepasst und eingeklebt, Kabel und Leitungen sowie Seilzüge verlegt und die Pedalerie montiert sowie neue Dichtungen eingesetzt. Der Hauptklemmkasten und Verteile für den Kofferraum wurde wieder mit allen Leitungen bestückt und dabei gleich vorgefundene Defekte und Provisorien beseitigt. Hierbei waren zwei stark verschmorte Leitungsstränge welche auf Dauer auch für ein sehr unglückliches Ende des SL hätten sorgen können. Neu geordnet und sauber verdrahtet sollte das in Zukunft nicht noch einmal auftreten.

Die erneute Herausforderung Armaturenbrett rückte Schritt für Schritt näher und wollte endlich gemeistert werden. Das Armaturenbrett selber war bis auf ein, zwei kleine Schäden in einem sehr guten Zustand, das sollte natürlich auch so bleiben, was den Druck nicht gerade verringerte hier besonders sauber zu arbeiten. Ersteinmal provisorisch eingesetzt konnten Schalter und Züge angeschlossen sowie Teile der Verdrahtung erneuert werden. Nach dem Gefummel konnte das Armaturenbrett dann wieder an seinen alten Platz gebracht werden und die restlichen Komponenten angeschlossen (Öldruck, Tachowelle, Schieber f. Heizung etc.) sowie die Lenksäule mit Lenkrad eingesetzt werden. Hier wurde aufgrund vorhandener Beschädigungen darauf verzichtet das Lenkrad von der Lenksäule zu trennen, etwas unhandlicher aber letzten Endes die richtige Entscheidung.

Anschließend wurden die Bodengruppen mit Bitumenmatten ausgekleidet um Dröhngeräusche etwas zu verringern. Ebenfalls wurde der Fondbereich wieder mit Leder und Teppich bezogen sowie die „Rücksitzbank“ montiert. Leider sind ab diesem Zeitpunkt etwas weniger Bilder vom Fortschritt vorhanden, da es doch recht zügig ging und tatsächlich einfach mal gearbeitet wurde ;)

Im Nachhinein ärgerlich, aber das Ergebnis spricht letztlich für sich.

Nach einer abschließenden Grundreinigung, Lederpflege und einer Probefahrt hatten wir doch tatsächlich bis auf kleine Justierungen der Schaltung keine weiteren Nacharbeiten zu leisten. Gut, wären in der Elektrik große Böcke gewesen, hätte das auch sehr an mir genagt…
Leider blieb nach den ganzen Strapazen eine ordentliche Lackaufbereitung auf der Strecke, welche aber sicherlich noch nachgeholt wird.

Abschluss eines wohl einzigartigen Projekts

Schlussendlich konnte der 190 SL also frisch aufgeputzt dem Besitzer übergeben werden. Als kleines Präsent haben wir ein original Foto der letzten Mercedes 300SL und 190SL für einen schönen Platz im Büro oder Wohnzimmer organisiert.

An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für den riesigen Vertrauensvorschuss und dass Sie uns ermöglicht haben ein solches Projekt durchzuführen! Wir wünschen weiterhin viel Spaß mit diesem überaus tollen Fahrzeug!